Die nassen Monate haben ganze Arbeit geleistet, was das Wachstum angeht. Die Milchsäurekulturen auf der Strecke taten ihr Übriges. Waren die vorherigen Sommer doch eher von verdorrtem Gras und nicht vorhandenem Moos geprägt, ist dieses Jahr alles satt grün an, um und auf der Strecke. Ideal für eine Resita, die als Waldbahnlok geradezu prädestiniert ist, genau jetzt und genau hier zu fahren.
Außerdem mit dabei war der Regner B-Kuppler mit Schlepptender, der der heute noch erwerbbaren Betsy von Regner ähnelt, aber doch eine 99 5603 mit Schlepptender darstellt und eine andere Hausnummer ist. Das passt auch mehr oder weniger ins Waldbahn-Thema.
Die Regner Lok wurde von Herrmann Echtdampf in einen tadellosen Zustand wieder aufgebaut und durfte sich an unseren Strecken beweisen, was sie zumindest mit halber Zuglänge des Resita Zuges auch getan hat. Im Grunde galt der Fokus an diesem Tag aber voll der Resita von Reppingen und mein Wunsch war die „große Runde“ auf der Strecke, da diese am und über den Teich führt. Dort ist der Moosbewuchs besonders ausgeprägt, wovon ich mir das eine oder andere schöne Bild erhoffte. Ich wurde nicht enttäuscht.
Resita: Wer oder was ist das überhaupt?
Ich muss gestehen, dass ich selbst sehr auf deutsche Maschinen fokussiert bin (war), was wohl an der natürlichen Prägung liegt. Der Besuch bei Riverdale vor zwei Jahren und mein diesjähriger Roadtrip durch Cornwall und Devon dieses Jahr, hat das ein wenig aufgebrochen. Andere Länder haben auch schöne Maschinen. Das gilt auch für Osteuropa und genau daher kommt die Resita, die ihren Namen der Stadt Reșița in Rumänien zu verdanken hat. Diese Stadt war früher ein bemerkenswerter Produktionsstandort für die Eisenbahn, vom Brückenbau bis zu den Lokomotiven selbst, dessen Werk selbigen Namen trug.
Bei uns auf der Strecke wird die Bergische Industrie hochgehalten. Im Grunde kann ich ja vier Stunden am Stück monologisieren über unsere Industrie und Entwicklung des Bergischen Landes, allen voran in den Bergischen Großstädten, wenn man mich reizt – aber ich bin schwer zu reizen. Doch wie ich immer sage:
Hier hat man schon auf Eisen rumgekloppt, als man im Ruhrgebiet noch durchweg Landwirtschaft betrieb.
Reminiszenz an die eigene Herkunft
Auch die eigenen Vorfahren in Ur-Ur und Ur-Ur-Ur Zeitskala gingen diesen Gewerben nach, teils selbstständig. Der Vater selbst hatte auch noch in der B.S.I (Bergische Stahlindustrie) gelernt, allerdings in der Elektronik, und die Siedlung, in der die Familie seit ihrer Gründung vor rund 100 Jahren wohnt und die Strecke im Garten liegt, ist auch das Ergebnis der BSI.
Hier ist also alles randvoll mit Geschichte. So säumen als Reminiszenz konsequenterweise mittlerweile so manche Devotionalien die Strecke. Diese sind immer für ein Motiv gut, wie hier unser Bronze-Schmied-Denkmal, vor dem die Resita ihre Runde zieht:
Die Resita im Modell von Reppingen
Wuchtig. Schwer. Trägheitsmoment. Präzise. Kraftvoll. Umfangreich detailliert. Das wäre glaube ich meine Kurzform, wie sich die Lok mir präsentierte. Wie für ihren Besitzer üblich, war sie schon rein optisch in exzellentem, museumsbahn-typtischen Zustand. Die Pflege seiner Loks hat er einfach drauf. Deshalb kann ich mir auch immer sicher sein, dass wenn er zu Besuch kommt, ich mit der Kamera „Hochglanzpostkarten“ schießen kann. Wir hingegen gehen mit den Loks aus Prinzip ja eher um, wie 30 Jahre Hagen-Haspe Hüttenwerk 24/7, ohne einmal nur einen Putzlappen gesehen zu haben. Das werde ich mit meiner EKB noch auf die Spitze treiben, aber dazu zu späterer Zeit mehr.
D-Kuppler von 760 mm Vorbild
Die Resita ist eine vierfach gekuppelte Lok mit Außenrahmen und durch die Spurweite von 760 mm ergibt sich nach der Umrechnung auf das 45 mm LGB Maß eine wirklich beeindruckende Maschine. Reppingen hatte die Lok vor einigen Jahren im Programm und eigentlich die Produktion längst wieder eingestellt. Es handelt sich bei diesem Modell also um einen Nachzügler auf Kundenwunsch, der bei der Ausfahrt auf unserer Strecke erst einige wenige Betriebsstunden aufwies.
War sonst noch was?
Oh ja! Mit der Müngsten, der Ronsdorf und der Bernd F.G. sind alle unsere drei betriebsbereiten Maschinen ebenfalls an diesem Tag auf der Strecke gewesen. Sie haben ihre Arbeitsleistung ohne Murren absolviert. Ebenfalls allen drei ist gemein, dass sie auch die große Runde gefahren sind.
Langsam sickert ein, dass wir mehr Dampfspeisepumpen brauchen und ein RC-Regler für den Gashahn wäre auch von Vorteil. Auf der jetzt nutzbaren Strecke sind wir schon einige Minuten unterwegs, bis wir wieder am Startpunkt angekommen sind. Auf dem Weg finden wir ganz unterschiedliche Bedingungen vor. Sie verlangen sowohl den Maschinen, als auch dem Lokführer / Heizer, einiges ab.
Auch hier sind wir im Grunde am Vorbild: Remscheid mit dem Zug zu erklimmen, bedeutet entweder eine Steigung von 1:40 (von Wuppertal) oder 1:60 (von Solingen). Das ist für eine Hauptstrecke schon recht knackig. Und wer bei uns vom Bahnhof Karges Loch hoch zum Bahnhof Nebelteich möchte, den erwartet auch eine Steigung mit durchweg 3% und 4%, mit kleiner Verschnaufpause in einem weiten Bogen, der zum Dampfsparen einlädt.
Das ist eine andere Hausnummer für den Lokführer, als auf aufgeständerter Anlage ein wenig über Schienen zu rollen, da man pausenlos mit Steuerung und Regler spielt – oder spielen kann. Außerdem muss man Wasserstand und Dampfvolumen im Hinterkopf haben muss, sonst bleibt man nämlich auf halber Strecke mit Dampfmangel stehen.
- Der kleine Kessel der Müngsten macht das noch so gerade mit, wenn man den Gashahn entsprechend einstellt, dass nicht abgeblasen wird.
- Bernd F.G. schafft den Berg mit vorbildgerechtem Zug, muss am unteren Bahnhof aber ordentlich feuern, damit sie ausreichend Dampf für den Berg hoch in den Garten zu Teich hat
- Ronsdorf hat erwartungsgemäß keine Probleme mit dem Dampf, der Feuerung und des Zuggewichts, neigt aber auch zu dem einen oder anderen Schleuderer
Gefahren wurde schließlich ab dem Mittag bis in die Abendstunden. Nachdem ich abends noch den Grill geschmissen habe, klang der Tag rechtzeitig aus, als die Mücken das Regiment übernahmen. Und mit den Mücken kamen auch die Schnecken aus – ja woher eigentlich? – gekrochen, sodass ein weiterer Fahrdienst ohnehin nicht ohne Verluste möglich gewesen wäre.
Neben dem eigentlich Spaß am Fahren, dem Fotografieren und Fachsimpeln, erlauben mir diese Tage auch genau darauf zu schauen, was an der Strecke zu tun ist. Wo entstehen Laufwege, wo gibt es noch Hindernisse, wo muss zurückgeschnitten werden, wo umgebaut werden… Langweilig wird es nicht.
Es war ein schöner Tag, der nach viel zu langer Durststrecke, zur baldigen Wiederholung auruft! Die eine oder andere Abendrunde ist seitdem auch wieder gefahren worden. Die direkten Nachbarn, die schon gefragt haben, warum denn nichts mehr pfeift im Garten, können also beruhigt sein. Es wird wieder gepfiffen, gefahren, und auch wieder mal Kohle angeheizt. An diesem Fahrtag allerdings nur im Grill.