Vom Bergischen haben wir uns ins ~170km entfernte Eindhoven in die Niederlande zu Joep Janssen aufgemacht, dem Inhaber von Riverdale. Mir ist der Name in den letzten Jahren naturgemäß, sozusagen als Nische in der Nische, immer wieder mal begegnet. Nachdrückliches Interesse fehlte bei mir aber persönlich, da es um kohlegefeuerte Roundhouse Livesteam Loks geht. Roundhouse Modelle waren mangels Bezug dazu deshalb noch nie mein Bereich.
Mit Riverdale kohlegefeuert auf wildromantischer 32 mm Strecke
Durch die Werkstatt hindurch ging es sofort in den Garten, in dem uns die wildromantische Gartenbahn des Inhabers von Riverdale bereits erwartete. Den einen und anderen Kaffee und das ein oder andere Saucijzenbroodje beim herzlichen Empfang später, ging es dann direkt in den hinteren Teil des Gartens. Hier wurde uns detailliert der Aufbau und die Bedienung seiner Kohlekessel näher gebracht.
Herzensbrecher war die Riverdale Elke für mich auch, weil sie einfach auf einer perfekt für sie zugeschnittenen Strecke lief, die viel für das Auge bot und der Lok die ideale Kulisse. Eine Außenanlage mit 32 mm Peco Gleis ist mir ohnehin noch nicht unter gekommen und wenn sie sich dann auch noch so schön in den Garten schmiegt (oder der Garten um die Strecke?) und darüber hinaus von Kohleloks befahren wird, freut das Personal und Fotografen gleichermaßen.
So durfte gestern sowohl die Strecke, als auch die Lok in Kombination ihren ganzen Charme ausspielen und erlaubte zahlreiche Motive, sei es auf einer langen geschwungenen Kurve parallel zum Fußweg, am plätschernden Teich vorbei, mitten durch das Wilderbeeren-Feld oder durch den in Kurve liegenden Bahnhof um die Terrasse herum.
Riverdale: Kohlegefeuerte Roundhouse Echtdampfloks
Doch worum geht es überhaupt? Riverdale ist eine kleine Manufaktur aus den Niederlanden, die sich zur Aufgabe gemacht hat für Roundhouse Lokomotiven Kohlekessel zu entwickeln, die alle Annehmlichkeiten des Gasbetriebs ermöglichen, aber dennoch mit echter Kohle befeuert werden. Wie wir uns überzeugen konnten, ist der Betrieb mit einem Riverdale Kessel wirklich eine sehr entspannte Angelegenheit. Wir saßen mitunter 15 Minuten im Gespräch, während die Lok selbstständig die Strecke befuhr. Das kennt man so eigentlich nur aus dem Gas- oder eigentlich noch viel mehr aus dem Elektrobereich. Wieder und wieder, und immer wieder zog die Lok mit ihren Waggons an uns vorbei, ohne dass man Hand an die Fernbedienung legen musste. Es kommt nicht von ungefähr, dass Joep seine Fernsteuerung dahingehend umgebaut hat, dass die Inaktivitätswarnung, dieses nervtötende Piepsen, erst nach 10 Minuten aktiv wird. Auch das Anheizverhalten des Kessels hat uns überrascht und steht zeitlich dem Anheizen mit Gas in Nichts nach, bietet einem aber natürlich durch die Kohle noch viel mehr die Möglichkeit, im wahrsten Sinne des Wortes, in den Betrieb einer Dampflok hineinzuschnuppern.
Anheizen einer Livesteam Lok mit Kohlekessel
Nach nur 5-7 Minuten ist die Echtdampflok einsatzbereit:
- Der Wasserstand sollte bei ca. 1/3 des Kesselvolumens liegen
- Zu Beginn füllt man die Feuerbüchse mit kleiner Holzkohle, die in Petroleum getränkt ist.
- Mittels eines Stabfeuerzeugs wird die Kohle entzündet und die Feuerbüchse geschlossen.
- Nun wird der elektrische Hilfsbläser, das Anzeizgebläse, auf den Schornstein gesetzt. Die Holzkohle zieht nun durch, als hielte man einen Fön an die Grillkohle beim Barbecue. Aus dem Schornstein dringt unmittelbar der Rauch der Holzkohle; das Feuer lodert intensiv.
- Nach nur einer Minute wird es bereits Zeit mit Steinkohle nachzulegen, und das ordentlich. Es ist beeindruckend wie viel Kohle in die von außen klein scheinbare Feuerbüchse passt. Vorher nimmt man das Stocheisen zu Hilfe und verteilt und glättet die Holzkohleglut etwas
- Nun wieder Wasser nachfüllen und abschließend die Feuerbüchse ruhig mit 5-7 weiteren Schaufeln Kohle ordentlich befüllen
- Wieder ein paar Minuten später hat die Lok ausreichend Dampf gekocht.
- Das Anheizgebläse wird entfernt, der Hilfsbläser aufgedreht und die Lok wartet auf ihren Einsatz
Kohlekessel regulieren über die Feuertür
Das Konzept überzeugt! Während der Fahrt wird die Tür zur Feuerbüchse je nach Dampfdruck reguliert. Hierfür verfügt der Kessel über einen Telemetrie-Temperatursensor. Bei zu starkem Feuer, also zu stark ansteigendem Druck wird wie auch im großen Original einfach die Feuerbüchsentür ein Stück geöffnet, sodass der Unterdruck nachlässt und die Feuerbüchse so (kühlere) Nebenluft zieht. Das Feuer wird so nicht weiter angefacht und die Lok bläst praktisch niemals ab. Das war für mich eine wesentliche Erfahrung, kenne ich das aus der Ferne betrachtet doch nicht anders, als dass eine Kohlelok ständig abbläst und dementsprechend ständig Wasser braucht. Für den permanenten Nachschub an Wasser greifen andere auf das Konzept der Achsspeisepumpe zurück.
Zu wenig Nutzen bei zu hohem (anfälligen) Aufwand
hieß es da lapidar von Joep und brachte auch mich hinsichtlich der Wyko 9011, in der die Achsspeisepumpe konstruktiv direkt unter der Feuerbüchse hängt, wo sie Wärme und Dreck ausgesetzt ist, ins Nachdenken. Seine Riverdale Kessel kommen konsequent ohne Achsspeisepumpe aus und den Nachweis, dass es die tatsächlich auch gar nicht braucht weil nicht ständig abgeblasen wird, hat er erbracht. Auch eine Dampfüberhitzung sucht man in seiner Konstruktion vergebens und auch diese wird an keiner Stelle wirklich vermisst. Die nackte Reichweite und Leistung ohne Wassernachspeisung und ohne Dampfüberhitzung beeindruckt auch so. Das ist bei einem kleinen B-Kuppler allerdings auch noch mal etwas anderes, als bei einer großen Vierzylindermaschine.
So verbrachten wir einen kurzweiligen Tag bei Riverdale mit der Gewissheit, dass fehlende Berührungspunkte passé sind und kurzfristig unser Fuhrpark um einen, bzw. in dem Fall direkt zwei Hersteller, zu erweitern ist.