Als wir vor vier Jahren, im Juli 2017, bei Echtdampf Reppingen in Nörvenich persönlich vorstellig wurden, wollen wir eigentlich die 99 6001 inspizieren, welche mittlerweile auch längst Dienst auf unserer Strecke schiebt. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings keine in der Werkstatt in annähernd fahrtüchtiger Version vorhanden, lediglich eine Menge Einzelteile konnten wir erblicken. Was aber gerade auf dem Gleis stand, war die Lok Alfried, von der ich praktisch direkt wusste, dass ich diese haben muss.
Aus Alfried wurde Müngsten
Alfried stand so vor mir, wie auf den Produktbildern des Handmodells: Spartanisch im Aufbau, nix dran wie man es von Werksloks kennt – ging es von der Idee des Herstellers ja auch darum, die Kosten gering zu halten und eine robuste Lok für unter 1000€ anzubieten. Vor meinem geistigen Auge stand dort allerdings bereits ein kleiner bulliger B-Kuppler mit jeder Menge Lametta am Baum, zu dem die Müngsten dann auch wurde. Dass wir eigentlich für die 6001 gekommen waren, hatte ich aber nicht vergessen und so wurde die Müngsten gedanklich als kleine Rangierlok konzipiert, die gar nicht die großen Strecken und hohen Lasten über die Strecke transportieren sollte. Wie man sich doch irren kann.
Die Lieferung des Bausatzes wurde kurz nach besagtem Treffen in der Werkstatt Reppingens Ende Juli dann für Ende August zugesagt, oder genauer „in so fünf Wochen“. Bis auf die Nachlieferung der Kuppelstangen und einer Steuerschwinge mit Fertigungsfehler lagen die Einzelteile dann auch tatsächlich Ende August auf meinem Schreibtisch – ich hatte einfach Glück dass ohnehin gerade Alfried Bausätze produziert wurden bzw. kurz vor der Fertigstellung waren.
Der Zusammenbau fand dann im September und Oktober 2017 statt, hierüber ist in den vorherigen Artikeln zu Lok ja ausreichend berichtet worden. Anfang November 2017 kam noch die Elektrik dran und die Lok war komplett. Ihre ersten Runden drehte sie dann bei der Modellbaumesse in Kerpen.
Hier sah man ihr noch an, dass es sich um eine neue Lok handelte. Diese Sauberkeit sollte sie allerdings schnell verlieren und nie wieder erhalten.
Von der Rangierlok zum Langstrecken-Lastenesel
Wie erwähnt sollte die Müngsten ursprünglich nur für Rangiertätigkeiten und kurze Übergabefahrten genutzt werden. Diese Planung beruhte auf drei maßgeblichen Fehleinschätzungen, über die mich die Lok ziemlich zeitnah informiert hat:
- Trotz des kleinen Kessels ist die Lok sehr sparsam, was den Wasserverbrauch angeht. Anders als gedacht ist man nicht dauernd mit Pumpen beschäftigt und auch die große Runde durch den Garten machte sie spielend ohne Nachfüllung, während meine bis dahin einzige Referenz, die Regner 99 4701, auf halber Strecke nachgefüllt werden musste.
- Dank eines extra groß gebauten Gastanks reicht die Füllung, je nach Einstellung des Brenners, gut 45 Minuten auf unserer Strecke, die nicht mit Steigungen geizt und ordentlich Dampf braucht. Wir fahren mit 5 bar. In der Ebene oder auf aufgeständerten Anlagen und nur mit ein paar unbeschwerten LGB Waggons, Ausstellungs-Klimbim-Anlagen, liegt die Fahrzeit weit über einer Stunde, da hier dann das Gas sehr weit herunter geregelt werden kann. Verbaut ist eine 0,14mm Düse, die hier auch im Winter im Außenbetrieb reicht.
- Die Lok zog einfach alles vom Teller, was man ihr vorsetzte und das zeigte sie schon ganz zu Beginn ihres ersten Einsatzes in Kerpen, als sie am Ende alles, was auf der Anlage stand, am Haken hatte und ihre Runden drehte, darunter etliche Vierachser (Barmer Bergbahn).
Außerdem gab es einen weiteren Punkt, der in den letzten 4 Jahren die Müngsten hier zum alles übertreffenden Arbeitstier gemacht hat: Die Lok war nicht kaputtzufahren, was vor allem, wenn man sich so manche Schleudertouren im Winter in Erinnerung ruft, wo das Fahrwerk mehr dem einer Nähmaschine glich als einer Dampflok, durchaus beachtenswert ist.
Müngsten fährt immer, zieht alles weg und braucht nicht mal Wartung. Das gilt uneingeschränkt auch nach nunmehr vier Jahren. Die einzigen Probleme, die mit der Lok auftraten, waren selbstverschuldet einerseits an der Elektrik bzw. Beleuchtung und andererseits einmal mit dem Wasserstandsglas, welches ich reinigen wollte, dann aber doch zerstört habe. Bei allem auch bei mir vorhandenen Gedanken nach größer, schneller, weiter, mehr Achsen: Der B-Kuppler ist DAS immer einsatzbereite Arbeitstier hier und gehört meines Erachtens in jeden Lokschuppen!
Vor allem, wenn die Situation schwierig wird aufgrund des Oberbaus der Trasse, hat sich Müngsten immer als die Lok der Wahl gezeigt – so auch, als wir letztes Jahr endlich (der eiserne Vorhang ist gefallen) die Strecke im Garten nebenan in Angriff nehmen konnten und schwieriges Terrain vorfanden. Der B-Kuppler stand bis dato immer für sicheren Einsatz, ob auf der eigenen Strecke, oder als Gast auf allen anderen.
Das bisherige Highlight für Müngsten war sicherlich die Abschlussfahrt auf der mittlerweile dort leider zurückgebauten Außenanlage im Bw Krefeld bei den LGB Freunden Niederrhein, wo sie einen Zug, bei dem die Echtdampf-Mallet 99 5902 aus der Puste kam, dann selbst solo und unter argwöhnisch bis beeindruckten Blicken, vor allem die der Stromer, lautstark die kurvige Steigung hinaufzog.
Nicht minder beeindruckt zeigt sich das Publikum im Übrigen von ihrer Pfeife, die durch die 5bar Kesseldruck durch Mark und Bein geht und man glauben könnte, eine ausgewachsene 5″ Lok mit satter Pfeife wäre in der Nähe.
Probleme mit Müngsten
Nicht verschwiegen werden soll natürlich, dass nicht alles toll ist. Was nämlich gar nicht toll ist, ist die Funktion der automatischen Entkupplung, die so wenig funktioniert, dass ich aus dem Stehgreif nicht mal mehr sagen kann, wohin ich die auf der Fernbedienung einst gelegt habe. Auch ist bei Müngsten wie üblich die LGB-Kupplung lediglich über eine einzelne M3 Schraube fixiert, was früher oder später ohne Loctite vor allem den Fotografen ärgert, da die irgendwann schiefe Kupplung jedes Bild zerstört.
Sollte doch noch der Punkt kommen und die Müngsten ins Aw müssen, wird das eines der ersten Dinge sein, die geändert werden. Wie ich es jetzt auch bei der Wyko 99 6011 mache, wird die LGB Kupplung zwei parallele M2 Fixierschrauben bekommen. Dann bewegt sich da nichts mehr, Loctite hin oder her. Außerdem werde ich die Teile für die Entkupplung dann ausfräsen. Dieses gebogene und locker auf M2 Bolzen aufgezogene und schwingende Blech hakt im Betrieb doch immer wieder.
Außerdem hat der Öler eine zu große Öffnung, auch das würde ich dann korrigieren und das 2 mm Rohr (1 mm Öffnung) dann in eine Öse im Öler münden lassen, dessen Durchlass auf 0,3 mm verjüngt. Zudem steht noch immer eine anständige Abführung des Kondensats mittels Rändelschraube aus, denn das Wasser im Öler wird noch immer vor Betriebsbeginn mit gedrehtem Zewa aus dem Öler geholt. Auch die Sechskant-Verschlussschraube kann man natürlich noch schöner gestalten (und den Öler dabei direkt auf die andere Seite in den Wasserkasten packen).
Ansonsten ist aber weiter alles im Lot und die Lok macht keine Anstalten überhaupt ins Aw zu wollen, obwohl sie die mit Abstand meisten Betriebsstunden hat.
Ein Kommentar
| »
Tolle Beschreibung!
Macht Lust, sich näher mit der Lok zu beschäftigen!
Weiterhin viel Freude mit der Lok!