Ungeachtet der Beantwortung der Frage „Warum jetzt erst?“ kann man sich vorbehaltlos vor allem einer Aussage anschließen: Endlich! Mit der Übernahme durch Mischa Lechner letztes Jahr scheint ohnehin ein wenig frischer Wind durch die Halle der Fa. Regner Dampftechnik zu wehen. Nun kommt also neben einer ganz neuen Lok, von der ich es fast schon schade finde sie persönlich schon im Vorbild gar nicht so interessant zu finden, unter anderem auch ein größerer Wasserstand, welcher zweifelsohne eine höhere Betriebssicherheit darstellen kann.
Natürlich musste so ein Wasserstand direkt auch in meine Hände wandern und so bestellte ich ihn kurzum, nachdem er endlich auch im Online-Shop verfügbar war. Meine seit geraumer Zeit auf den Namen meines Vaters hörende Lok hatte bisweilen noch einen 5mm Wasserstand von Herrmann am Regner C-Kuppler Kessel von 2016. Den mit dem „Neubaukessel“ mitgelieferten 4mm Wasserstand von Regner hatte ich erst gar nicht am Kessel montiert. Er muss einfachere Aufgaben erledigen und zeigt den Wasserstand von Tender / Wasserkasten.
Die verzogene Kesselrückwand am Regner Kessel
Mittlerweile ist die Lok schon fast zur Traditionslok verkommen, die nur zu besonderen Ereignissen gefahren wird. Dadurch dass sie noch über die Original-Dampfentnahme verfügt (und behält), die entsprechend und bekanntlich viel Wasser mitreißt, ist das häufige Nachfüllen lästig geworden. Die Dampfspeisepumpe tut ihre Dienste, aber unsere Strecke ist anspruchsvoll und Dampf muss gerade auch an den Steigungen vor allem in die Zylinder – wir fahren ja auch gerne nahe der Lastgrenze und die „Bernd F.G.“ führt mit ihrem dreiachsigen Tender aus Messing sowie den 300ml Wasser ohnehin schon genug Gewicht mit sich.
In Vergessenheit geraten ist über die Zeit hierbei ein Problem, mit welchem ich mich am Ende des letzten Winters beschäftigen musste und welches mit dem neuen Wasserstand ungewollt wieder akut ist. Das Glas des alten Wasserstands ist immer mal wieder gebrochen. Mit ein wenig nachgepacktem Teflon und nachgezogener Überwurfmutter konnte der Betrieb jedoch vorerst sichergestellt werden. Erst als wir unser erstes öffentliches Echtdampftreffen in Remscheid veranstaltet haben und dichie Lok zuvor noch mal in eine ausgeprägte Revision ging, wurde der Grund für die Schäden am Wasserstand deutlich: Die Kesselrückwand hat s nach innen gewölbt. Dadurch liegen die Gewinde der Einlötnippel oben im Geweih und unten an der Kesselrückwand nicht mehr exakt parallel zueinander und das Glasröhrchen bricht sobald man die Überwurfmutter anzieht und die Stopfpackung greift. Am unteren Aufnehmer des Glasröhrchens kann man sehr gut sehen dass der Einlötnippel schief sitzt. Auf dem Foto schon entschärft da zurechtgebogen, aber noch immer erkennbar, ist die Formänderung auch an der linken Kesselstütze.
Bei der Erstmontage war dieses Problem nicht vorhanden und die Montage des Wasserstands problemlos. Da es immer mal wieder zum Problem mit dem Wasserstand kam ist anzunehmen dass das Problem auch nicht schlagartig auftrat, sondern schleichend fortschritt.
Die Bestätigung des Verdachts: Das Flammrohr
Auf der Suche nach dem Grund stand erst der Verdacht eines Vakuums im Raum, welches theoretisch entsteht wenn die Maschine erkaltet. Das scheidet aber schon aufgrund der massiv verlöteten Kesselrückwand komplett aus: Bevor im Inneren ein Vakuum mit der Kraft entsteht die Platte so zu verbiegen haut es den Wasserstand kaputt oder eine der nicht unbedingt für derartige Kräfte gebauten Armaturen und der Kessel kann wieder Luft ziehen.
Damit bleibt am Ende die Längenausdehnung bzw. Schrumpfung des verbauten Flammrohrs im Kessel infolge thermischer Einwirkung übrig. Mich machte ein wenig stutzig dass das Problem ausgerechnet auftrat als es draußen lange unter 0°C war. Nun, wir sind vergleichsweise jung wenn man sich die Echtdampfszene anguckt. Wir haben auch „kein Problem“ damit auch bei Scheißkälte den ganzen Tag draußen zu verbringen und die Lok durch den Schnee zu jagen. Im Gegenteil macht das sogar erst richtig Spaß.
Waren thermische Gründe also das Problem? Der durch die kalten Außentemperaturen schnelle Temperaturunterschied einer erkaltenden Maschine? Tatsächlich zeigte das Flammrohr deutlich dass es gearbeitet hat. Was zunächst nur mit sensibler Informatikerhand erspürbar war, wurde mehr und mehr auch sichtbar. Das Flammrohr wurde rippig / wulstig. Ich war nicht der erste und fand das Problem z.B. auch in diesem Thread auf Buntbahn sowie eine logische Begründung direkt mit:
Das Problem mit den Messingflammrohren kenne ich nur zu gut, habe schon viele Kessel mit besagtem Schaden neubauen müssen, durch die Heizringe im Wasserraum kann sich das Flammrohr nicht mehr so gut ausdehnen aber umso besser schrumpfen.
Wenn die Wasserstände brechen oder undicht werden hat sich die Rückwand meistens eingezogen und irgendwann reißt die Lötnaht oder aber kurz daneben.
Dass diese Info, nur um jedweden „X ist besser als Y“ vorzubeugen, von Ralph Reppingen selbst stammte, war mir zu diesem Zeitpunkt gar nicht bewusst, aber der Schaden ist real, ich bin damit offensichtlich nicht alleine und die Begründung ist durchaus naheliegend. Ich möchte auch gar keine endlose Diskussion „Ob und warum Messing statt Kupfer“ anstoßen, habe aber durchweg die Erfahrung gemacht dass der Verzicht auf die zusätzlichen Heizrippen und der Griff zu einem Kupferflammrohr bessere Heizwerte erzeugt – und den einen oder anderen Streckenkilometer an der Lastgrenze, auch vom Wetter her, haben wir nun auch schon auf dem Konto.
Damit kommen wir zurück zum eigentlichen Thema: Der neue Wasserstand. Denn wo man über Jahrzehnte an alten Tugenden festhielt, obschon es deutlich bessere Lösungen gibt, markiert auch der Wasserstand irgendwie so etwas wie eine Wende in der Firmenpolitik, zumindest aber wird sie nach außen deutlich (kommuniziert). Und wer weiß, vielleicht dürfen wir uns irgendwann auch über robustere Kesselkonstruktionen freuen. Die Arbeitszeit mit den Heizrippen einberechnet glaube ich nicht mal dass es betriebswirtschaftlich sinnvoll ist auf diese Konstruktion statt auf ein Kupferflammrohr ohne Heizrippen mit trotzdem besserer Wärmeleit- und speicherbarkeit zu setzen?! Das soll aber nicht mein Problem sein.
Konstruktive Unterschiede des neuen Wasserstands
Der markanteste Unterschied ist natürlich der Durchmesser des Wasserstandglases. Nicht nur dass er mit 6mm nun die direkte Konkurrenz übertrumpft, die Wandung ist mit 0,7mm auch um 30% dünner geworden als beim alten Wasserstand. Nimmt man all das kurz ins mathematische Kleinhirn ergibt sich damit von 4,7mm (neuer Wasserstand innen) zu 2mm (alter Wasserstand innen) mehr als eine Verdoppelung im Durchmesser und immer noch grob die Hälfte mehr als bei einem 5mm Wasserstand mit 1mm Glasdicke (also 3mm).
Viel hilft viel, noch mehr hilft noch mehr?
Wirklich offensichtlich wird die Verbesserung vor allem dann wenn man das tatsächliche Flächenmaß zu Grunde legt: Mit 16,6mm² hat der neue Wasserstand erheblich mehr Durchlassfläche als der 4mm Wasserstand mit nur 3,1mm² oder der 5mm Wasserstand mit 7mm² bei 1mm Wandung. Dadurch dass die Anschlüsse am Kessel ohnehin mit M5x0,5 angeschraubt werden, welche typischerweise einen Innendurchmesser von 3mm haben, ist Kapillareffekt bei dem 6mm Rohr deutlich aufgehoben.
Das ist natürlich überdimensioniert, denn schon bei einem 5mm Rohr mit 0,7mm Wandung, welches es ja durchaus gibt und von anderen Herstellern verbaut wird, ist das Glasrohr des Wasserstands größer als der Anschluss zum Kessel und der Kapillareffekt damit aufgehoben. Und dennoch sind 6mm sinnvoll: Je größer das Wasserstandsglas ist, umso besser lässt sich der Wasserstand natürlich auch ablesen.
Abdichtung mit O-Ring statt Teflonpackung
Der neue Wasserstand setzt auf Viton O-Ringe. O-Ringe haben auch bei anderen Herstellern längst die bekannten Teflon-Packungen, die ihrerseits die noch früheren Graphit-Baumwollpackungen ersetzt haben, abgelöst. Ich nutze sie mittlerweile auch in kritischen Umgebungen ohne Ausfall, z.B. bei der Montage der Dampfnippel am Zylinder. Die Verteiler haben sie ja ohnehin schon. Leider hat Regner es nicht vorgesehen auch bei der Verschlussschraube einen O-Ring vorzusehen. Gerade wenn man noch ein Speiseventil an den Wasserstand schraubt birgt doch die Montage mit Kupferdichtringen doch immer die Gefahr des Glasbruches. Hier könnte man so schön (aber wohl zu aufwändig) mit Nuten arbeiten.
Montage des Wasserstands
Die Montage ist denkbar unkompliziert und funktioniert wie bei den anderen Wasserständen auch. Die Einlötnippel erlauben ca. 9 Umdrehungen der Wasserstandshalterungen, bevor die Zuleitung über den Nippel hinaus in das „Geweih“ ragt. Aus diesem Grund musste ich den oberen Anschluss etwas kürzen um zum einen bündig zum unteren Anschluss einzudrehen und zum anderen nicht zu weit in das Geweih zu drehen. Glücklicherweise sind die Überwurfmuttern, in welchen die Dichtringe liegen, deutlich toleranter als die ursprünglichen Überwurfmuttern was die Position des Glases angeht, weil die Auflagefläche deutlich kleiner ist. So war es mir möglich die untere Halterung mit einem Glaserhammer nur ganz leicht in Position zu hämmern um die eingedrückte Kesselwand auszugleichen.
Das Röhrchen kann nun seitlich in den oberen Anschluss geführt und dann in den unteren gesteckt werden. Hier ist nicht zu viel Material vorhanden, das Glas steckt nur wenige mm in beiden Anschlüssen. Nun die Überwurfmuttern handwarm anziehen, fertig! Der Wasserstand ist dicht.
Beurteilung der Genauigkeit
Über den 4mm Wasserstand müssen wir nicht, hoffentlich nie mehr, reden. Dagegen war Münchhausen Empiriker. Mit dem 5mm Wasserstand (Herrmann) und einem kleinen Messingstab im Rohr welcher Kondenswasser ablaufen ließ konnte bereits eine deutliche Verbesserung hergestellt werden, aber wirklich genau und verlässlich war es noch immer nicht. Ausreichend Strecken- und vor allem Maschinenkunde halfen dabei dass vor allem eins nicht passierte: manuelle Überfüllung. Für die automatische Überfüllung, da auch der 5mm Wasserstand so seine „am Geweih“ hat, sorgte die Dampfspeisepumpe. Wie verhält sich nun der 6mm Wasserstand?
Bessers als erwartet! Nicht die höchsten Erwartungen hatte ich deshalb, weil das Geweih natürlich nicht mal eben konstruktiv zu verändern und die Kondensationsfreude zu beheben ist. Hier wird vor allem der Winter und kalte Außentemperaturen zeigen was im Wasserstand steckt.
Ein einfacher Trick zeigt ob Kesselwasser auch in den Wasserstand fließt und die Füllhöhe anzeigt. Da über den Wasserstand nachgespeist wird wäre es sonst schwierig zu messen, also habe ich die Maschine aufgeheizt. Im Bild links sieht man das Kesselwasser bei 3 bar. Bei wieder gelöschtem Feuer ist schön zu sehen dass das wieder kondensierende Wasser auch den Wasserstand wieder ansteigen lässt. Genau so soll es auch sein. Auch im Betrieb mit geöffnetem Regler und Dampfspeisepumpe (die im Test aber nur als Verbrauer ohne Nachspeisung pumpte) blieb der Wasserstand ruhig. Die Anschaffung hat sich gelohnt!
Läuft die Dampfspeisepumpe im normalen Betrieb, pumpt also Wasser in den Kessel, kann man nun (erstmals) exakt sehen wie die Füllstandshöhe ansteigt. Perfekt.
Den Wasserstand gibt es mittlerweile wahlweise mit M5x0,5 oder M6x0,75 Anschluss an den Kessel. Die Verschlussschraube oben zum Anschluss einer Nachspeisung ist immer M5x0,5. Wichtig: Das Glasröhrchen ist zumindest bei meiner Lieferung genau für den C-Kuppler Kessel ausgelegt gewesen. Anders als bei anderen Wasserständen, wo durchaus der eine oder andere cm Toleranz „im Röhrchen steckt“, gibt es dem den neuen Anschlüssen praktisch keine Luft nach oben!
Ein kleiner Wehrmutstropfen ist vielleicht der O-Ring, der durchaus auch mal am scharfkantigen Glasröhrchen bei der Montage schaden nehmen könnte. Regner liefert aber auch hier Ersatz. Fehlt eigentlich nur noch das obligatorische Ersatzröhrchen. Den alten Wasserständen lag eins bei, dem neuen nicht mehr. Vielleicht vertraut man aber auch darauf dass bei der Montage, anders als bei der Stopfpackung und der großen Angriffsfläche, auch eigentlich nichts mehr schief gehen kann.