Ölfreie Lager für ausgeschlagenes Fahrwerk am Regner C-Kuppler

Viel schneller als gedacht sind nun neue Lager fällig geworden. Das Regner Getriebe von 1995 hat noch durchweg Messing auf Messing in allen Lagern des Gestänges. Trügt mich meine Erinnerung an die Schul-Metalltechnik-Zeit nicht völlig, ist das bei diesem weichen Material auch bei guter Schmierung keine gute Idee und dessen war ich mir bewusst, als Regners 99 4701 mal wieder schwere Züge zog und zog – und zog. Irgendwann, das war mir klar, ist das Gestänge durchgenudelt.

Igus Gleitlager für Regner Gestänge
Igus Gleitlager für Regner Gestänge

Außerdem befindet sich ja da noch die hier bislang vollkommen unerwähnte zweite „99 4701“ aus dem Hause Regner in meinem Besitz – jene Maschine, auf dessen C-Kuppler Fahrwerk mein Bruder damals aufbaute und eigene Versuche mit dem Thema Echtdampf unternahm und immerhin damals schon, anders als Regner, auf den Flammrohrkessel setzte. Diese Maschine lief deshalb auch immer besser als die Maschine meines Vaters, weshalb ich mir an dieser schon die Abnutzung ansehen – und erahnen konnte, was auch der Lok meines Vaters widerfahren wird. Über die Maschine wird zu späterer Zeit noch zu berichten sein.

Nun wird nicht zu früh – aber vor allem auch nicht zu spät die Reißleine gezogen. Treib und Kuppelstangen erhalten nun neue Lager da sie bereits ziemlich ausgeschlagen sind. Wie dem Katalog von Regner aus dem Jahr 2017 auf Seite 16 zu entnehmen ist, werden zumindest die Treibstangen heute mit Lagerbuchsen produziert um den Verschleiß zu minimieren. Sicherlich ist man nicht erst dieses Jahr auf die Idee gekommen. 1995 war man allerdings noch nicht so weit.

Ich habe mich entschlossen gleich dem gesamten Fahrwerk neue Lagerbuchsen zu spendieren. Anders als Regner setze ich aber nicht auf Lagerbronze (?), sondern auf Iglidur von Igus, welches sich schon bei den Achslagern bewährt hat. Das hat den nicht unmaßgeblichen Vorteil dass das Fahrwerk nahezu ölfrei betrieben werden kann. Außerdem benötigt man für die Umrüstung auf ölfreie Lagerung des Gestänges mit Iglidur Lagern nur einen Schraubstock, eine Tischbohrmaschine mit entsprechenden Bohrern und ein Cuttermesser. Das geht also vergleichsweise einfach und schnell von der Hand!

Materialliste zum Ausbüchsen

An dem Gestänge werden die folgenden Lager verbaut. Das Ganze natürlich jeweils doppelt für die Lokführer- und Heizerseite der Maschine.

  • 3x Iglidur GSM-0304-03 für die Kuppelstange an Treib- und Kuppelzapfen
  • 1x Iglidur GSM-0304-03 für die Treibstange am Treibzapfen
  • 1x Igildur GSM-0203-03 für die Treibstange am Kreuzkopf
  • 1x Igildur GSM-0304-03 für die Kurbelstange am Treibzapfen
  • 1x Igildur GSM-0203-03 für die Kurbelstange an der Schwinge
  • 2x Igildur GSM-0203-03 für die Schieberstange

Durchgestrichen: Die Schieberstange hat nicht genug Material zum abnehmen um ein Igus Lager einzupressen. :-/

Für das gesamte Gestänge benötigen wir also:

  • 10x Iglidur GSM-0304-03
  • 8x Iglidur GSM-0203-03

Wer nur den Verschleiß minimieren möchte, für den reicht zu Anfang wohl völlig aus nur das Lager der Treibstange mit Iglidur Gleitlagern auszurüsten (fett gedruckt). Damit sind gerade mal 2 Lager und zwei Aufbohrungen nötig. Um einen Ersatz der Treibzapfen kommt man aber wohl dennoch nicht herum.

Da ich von allem direkt 25 Lager gekauft habe, weil es durch den Mengenrabatt nur unwesentlich teurer war als auf Bedarf zu kaufen, kann ich damit später auch die andere Maschine noch direkt ausbüchsen und habe auch noch Lager übrig um die Umsteuerwelle auf beiden Maschinen ölfrei zu lagern.

 Zwischen Kuppelstange und Treibstange gehört noch eine Beilagscheibe in 0,5mm Dicke. Hier kann man auch direkt ein Bundlager von Igus bekommen welches einen 0,5mm Bund aufweist. Das hätte sogar den Vorteil dass man weniger Material abnehmen muss, da es das Lager auch in 4mm statt 4,5mm Außendurchmesser gibt (GFM-03040-15). Der Gedanke kam mir allerdings zu spät. Auf dieses Lager könnte man auch dann prima zurückgreifen, wenn man nur die Treibstange bearbeitet. Dann kann man das Lager mit dem Bund einfach auf die andere Seite, also zur Treibstange hin, aufziehen. 

Vorbereitung: Erstmal neue Radsätze

Wo wir schon einmal dabei sind erhält die Lok auch gleich direkt zwei neue Sätze Kuppelräder sowie einen neuen Satz Treibräder.

Regner Metall Räder / Lokräder

Bislang waren auf der Lok noch die alten Räder montiert, deren Radsterne noch aus Kunststoff waren. Die Unwucht der Lok meines Bruders durch das massive Spiel im Fahrwerk kombiniert mit der Hitzeeinwirkung (*) auf die Radsterne führte dort bereits dazu, dass sich einige Räder mächtig verzogen haben. Grund genug etwas solider zu bauen. Auf die Montage der Räder bin ich bereits in einem anderen Artikel eingegangen, deshalb spare ich mir das hier. Ob Radsterne aus Kunststoff oder Metall – die Montage ändert sich nicht.

Regner Kunststoffrad und Metallrad im Vergleich

Vergleich Kunststoffrad (l) und Metallrad (r) Regner Echtdampf

Vergleich Kunststoffrad (l) und Metallrad (r)

Das Aussehen der Räder unterscheidet sich deutlich. Die Metallräder bzw. Radsterne und deren Speichen sind insgesamt etwas rundlicher, was dem Fertigungsprozess geschuldet ist; sie sind CNC gefräst. Natürlich könnte man die Feile schwingen, da sie aber bereits fertig lackiert sind, belasse ich sie auch genau so wie sie sind, auch wenn mir das Layout der alten Speichen durchaus mehr zusagt. Dafür bringen die neuen Radsterne ordentlich Schwungmasse mit. Wie mir die Küchenwaage verrät, bringt es ein Kunststoff-Kuppelrad auf 18g. Mit 31g für ein Metallrad sind das immerhin gut 30% mehr.

Abgeriebener Treibzapfen

Abgeriebener Treibzapfen

Anders als gehofft sind die Kuppel und Treibzapfen bei Regner nach wie vor aus Messing. Es ist schon erwähnenswert, dass man für den selben Preis den Regner aufruft auch durchaus schon Lokräder mit Treib- und Kuppelzapfen aus Lagerbronze bekommt. Den Grund kann man dem Bild auf der rechten Seite entnehmen. Es zeigt einen Regner Treibzapfen, an dem trotz Schmierung Messing auf Messing bereits ordentlich arbeiten konnte, und das ohne die Lok täglich ihren Dienst verrichten musste. Man kann gut erkennen wie sich die Treibstange in das Material gefräst hat. Durch dass Bild wird auch deutlich dass es vor allem die Treibstange ist, die eine entsprechende Lagerung benötigt.

Abschließend sei erwähnt, dass natürlich auch neue Achsstangen verbaut werden. Das hat den Grund, dass die Madenschraube sich in das Material gräbt wenn sie angezogen wird und ein erneutes aufziehen der Räder durch den niedrigen Toleranzbereich sehr fummelig wird. So viel kann eine Achsstange gar nicht kosten, als dass man sich das antut.

*) Natürlich ist auch der Effekt nicht zu unterschätzen, dass die Räder konstruktionsbedingt ohnehin leicht eiern. Die Räder werden an einem Punkt mit einer Madenschraube auf der Achse fixiert. Durch den einseitigen Anpressdruck entsteht eine leichte Unwucht, die, bei ausreichendem Betrieb und Materialerwärmung schlimmer wird bis der Radkranz beginnt sich vom Radstern zu lösen.

 Die Gewinde der Kuppelzapfen an den Metallrädern sind tiefer als in den Kunststoffrädern. Dass führt dazu, dass die alten Schrauben das Gestänge auf dem Rad fixieren würden, wenn man sie 100% eindreht. Mit Loctite 270 kann man die Schraube so weit eindrehen dass sie sich nicht mehr selbst löst, aber auch nicht die Treibstange fixiert. 

Vobereiten des C-Kuppler Gestänges

Während die Lieferung der Lager von Igus‘ Iglidur G noch auf sich warten lässt (Vorkasse, kein PayPal usw.), kann man sich ja schon mal daran machen das Gestände für die neuen Lager vorzubereiten. Konkret heißt das: Die ausgeschlagenen Lager auf das neue Maß aufbohren – und das natürlich exakt. Die Mechanik muss laufen wie ein Uhrwerk und erlaubt auch nur dementsprechende Toleranzen. Glücklicherweise habe ich bei der Lok bereits frühzeitig an das Ausbüchsen der Lager gedacht, wodurch die bestehenden Lager noch annähernd rund sind und dadurch eine ausreichende Zentrierung für die Tischbohrmaschine vorhanden ist. «Wir betreiben hier ja keine Atomphysik». Im Internet findet man da schon ganz andere Kaliber, wo die Lager sich bereits zu einem Oval gelaufen haben und ich sicher nicht mehr nur mit der Tischbohrmaschine arbeiten würde. Auf der Maschine meines Vaters hat es hingegen ohnehin eher den Treibzapfen getroffen.

Folgende Arbeiten sollten unbedingt durchgeführt werden:

  1. Aufbohren der drei Lager der Kuppelstange auf 4,5mm
  2. Aufbohren der Aufnahme des Treibzapfens an der Treibstange auf 4,5mm

Ferner habe ich noch, siehe Materialliste, die Bohrung für die Verbindung zur Steuerschwinge auf 3,5mm aufgebohrt. Außerdem erhielt die Schieberstange noch 3,5mm Aufbohrungen. Die Lenkerstange ebenso. Damit ist das Gestänge schon fast ölfrei zu benutzen – was allerdings nie Ziel der Anstrengung war und ist.

Iglidur Lager ins Gestänge setzen

Iglidur Gewinde einpressen

Iglidur Gewinde einpressen

Die Lager von Igus sind Presslager. Sie werden gemäß ihrer Spezifikation in die vorgefertigte Bohrung gepresst und erhalten dadurch ihre endgültige Form. Ungepresst haben sie daher auch noch leichtes Spiel, setzt man sie auf den Treibzapfen auf. Per Hand und einem Senkbohrer habe ich die neuen Lagerbuchsen auf der Hinterseite ganz leicht angesenkt, damit das neue Lager gut in die Form schlüpft. Von dort konnte ich dann auch das neue Lager jeweils gut einpressen.

Die zylindrischen Lager sind auf einer Seite außen um 30° abgeschrägt, und auf der anderen Seite innen um 30°. Das erkennt man auch mit dem Auge sehr gut. So kann man das Lager mit der abgeschrägten Seite auf das neu gebohrte Loch mit der feinen Senkung aufsetzen und mit einem Schraubstock ins Loch pressen. Die Lager halten schon jetzt ausreichend durch die Pressung. Da sie sich aber ohnehin nicht axial bewegen können, weil sie von der Kurbel bzw. den Sechkantschrauben, dem Kreuzkopf oder der Steuerschwinge axial gehalten werden, hält das vermutlich länger als der Kessel.

Ausgebüchste Kuppelstange Regner C-Kuppler Iglidur

Vorher, nachher. Ausgebüchste Kuppelstange mit Iglidur G Presslager. Lager links wurde noch nachbearbeitet (unsaubere Bohrung).

Die Iglidur G Lager gibt es für 3mm Wellendurchmesser. Leider sind die Lager nur in 3mm Tiefe lieferbar, das Gestänge hat jedoch nur eine Dicke von 2mm. Ein scharfes Cuttermesser schafft hier Abhilfe. Die Lager lassen sich problemlos mechanisch bearbeiten.

Da es die Gleitlager auch direkt mit Bund (0,5mm) gibt, gibt es auch die Möglichkeit das Lager der Kuppelstange am Treibzapfen direkt mit einem Bundlager auszuführen. So spart man sich eine Beilagscheibe und zusätzliche Ölung / Reibung. Ich konnte allerdings nicht abwarten und da der Rest schon geliefert war, habe ich es auch mit den zylindrischen Lagern gemacht.

Kuppelstange ausgebüchst und aufgezogen auf Räder

Kuppelstange ausgebüchst und aufgezogen auf Räder

Die neuen Lager sitzen ohne nennenswerte Toleranz (gem. Spezifikation 0,04mm), stehen in Sachen Reibungswiderstand den selbstgebauten Teflonloks in nichts nach und sind zumindest wenn man den Testberichten von Igus selbst glauben schenken darf, deutlich haltbarer. Das Ergebnis überzeugt: Nie war die Regner Lok so leichtgängig und feinfühlig zu fahren wie jetzt nach dem Umbau. Das kurze Video zeigt sie im Einsatz.

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2 Kommentare

  • Rob Huurman schrieb
    | » Antworten

    Danke fur die klare Beschreibung.
    Das Iglidur Material ist bestelt.
    Hoffentlich ist meine nicht mehr ganz spielfreihe Regner Vulkan (umgebaut nach Spur 1 Hanomag „Ploxeman“) schnell wieder einsatzbereit an die „Stoom4Fun“ Modul-Anlage.

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